Vergessene Jugend from Michael Werder on Vimeo.

Der Film «Vergessene Jugend» des Zuger Filmemachers Michael Werder ist ein Scheinwerfer, gerichtet auf eine bestimmte Person mit einer bestimmten seltenen Krankheit. Alix Poincilit hat die vererbte Stoffwechselkrankheit Niemann Pick C (NPC). Der Film zeigt aber auch die Bedeutung dieser einen seltenen Krankheiten für die ganze Gesellschaft.

In der heutigen Gesellschaft werden Krankheiten oft soweit wie möglich verdrängt. Man erwartet meistens eine positive Antwort, wenn man fragt «Wie geht es dir?». Den Begriff Gesundheit benützt man mechanisch, meistens ohne sich grosse Fragen zu stellen. Man spricht lieber nicht über seine Gesundheitsprobleme und man versucht so normal wie möglich zu leben. Dabei sind alle irgendwann von Krankheit betroffen – manchmal schneller als man denkt oder hofft.

Einzelschicksal versus die Gemeinschaft
«Vergessene Jugend» ist ein emotionales und wissenschaftliches Video. Zuschauer werden in den meisten Fällen von den Emotionen, manche eher von der Wissenschaft angezogen sein. Beide sind wichtig, aber begrenzt. Im einen Fall wird man sich mit Empathie beschäftigen, im anderen Fall versucht man die Krankheit besser zu verstehen. Empathie schadet bei seltenen Krankheiten nicht. Die NPC-Gemeinschaft erwartet jedoch mehr Aufmerksamkeit als Mitgefühl. Das Video «Vergessene Jugend» wurde bewusst mit dem Einzelschicksal von Alix Poincilit und ihren ganz seltenen Symptomen gedreht. Warum? Nicht um Empathie zu erwecken, sondern um die Aufmerksamkeit zu erhalten. Wir sind sicher, dass die Aufmerksamkeit für dieses eine Schicksal für die Zukunft von Menschen mit genetisch bedingten Krankheiten richtungsweisend ist. Die Zeit läuft. Deshalb ist es wichtig, die aufklärende Information bei einem breiten Publikum zu streuen.

Eine seltene Krankheit mit Breitenwirkung
NPC ist eine genetische Störung und wird trotz medizinischer Fortschritte immer existieren. Die Mutation ist verankert in unseren Genen und zwar verteilt in der ganzen Welt. NPC ist keine Epidemie, die man ausrotten kann, sondern eine nachhaltige Fehlinformation, die die Menschheit auch in Zukunft immer wieder prägen wird. Sie gehört zur Evolution wie so viele andere Fehlinformationen auch. Die einzelnen Menschen mit einem Geburtsgebrechen oder einer vererbten Fehlinformation sind nur die Spitze des Eisbergs. Es ist nicht richtig, wenn unser politisches Denken und Handeln nur die Patienten berücksichtigt. Auf einer Gesellschaftsebene sollen auch die Träger der Mutationen, die nicht unbedingt krank sind, in Betracht gezogen werden. Und die Anzahl diese Träger ist viel grösser als man denkt. Die Übertragung von genetischer Fehlinformation ist nicht systematisch und überspringt oft mehrere Generationen.

Was kann die Politik von NPC lernen?
Nach dem Video «Vergessene Jugend» muss klar sein, dass die NPSuisse sich nicht nur für ihre eigenen Patienten einsetzt, sondern für viele andere Menschen mit seltenen und weniger seltenen Krankheiten. Wenn wir eine medikamentöse Lösung für NPC-Patienten bekommen, wird es positive Konsequenzen für sehr viele andere Krankheiten haben – so möglicherweise auch für Alzheimerpatienten. Vernunft heisst nicht für eine seltene Krankheit kurzfristig denken. Die Politik muss deshalb die seltenen Krankheiten und die damit verbundenen Probleme ernst nehmen. Es braucht nun endlich konkrete Massnahmen sowie transparente und klare Finanzierungsmodelle.

Christoph Poincilit, Präsident NPSuisse